Erfolgreich Lernen trotz Konzentrations-problemen und Überforderung

Nach etwa einem halben Jahr Pause durch Krankheit habe ich endlich wieder mein Psychologie-Studium aufgenommen! Als ich mir meinen neuen Wochenplan erstellt habe, war ich die Tage vor Beginn meiner neuen Routine positiv aufgeregt und motiviert. Ich hatte Lust, wieder aktiv zu studieren, Neues zu lernen und voranzukommen.

Doch ich hatte etwas nicht bedacht. Je näher der erste Tag meiner neuen Routine – inklusive Lernzeiten – rückte, desto gestresster wurde ich. Ich fiel also schon vorsorglich in mein altes Verhalten zurück, mich zu überfordern und mit allem was geht, zu stressen. Mir kamen Gedanken wie: “Ich kann mich doch gar nicht konzentrieren, wie soll das gehen?” oder “Ich habe schon so lange nichts getan, ich kann das bestimmt gar nicht mehr” oder auch “Das ist bestimmt viel zu anstrengend und ich schaffe das gar nicht!”.

So war schon alles verloren, bevor ich überhaupt begonnen hatte. Das ist ein für mich sehr typisches Verhalten: Ich nehme mir etwas (meistens zu viel) vor und fange gar nicht erst an, weil ich mir schon vorher alles kaputt denke. Diese negativen Gedanken und das Katastrophisieren haben aber noch niemandem geholfen und bilden zumeist den schlimmstmöglichen Ausgang ab. 

Weil uns diese Ängste und Sorgen von dem abhalten, was wir eigentlich vorhaben, ist es wichtig, sich aus dem Gedankenkreisen rauszuziehen. Die gute Nachricht ist, dass wir auch trotz langer Pausen, Krankheit oder Konzentrationsschwierigkeiten das Lernen wieder lernen können!

Lernen wieder lernen

Ich habe vor einem halben Jahr mit zunehmenden Konzentrationsschwierigkeiten durch Stress und Schmerzen gekämpft. Weil ich so mit mir und meiner Krankheit beschäftigt war, habe ich das Studium erstmal pausiert. Während dieser Zeit hatte ich dann teilweise das Gefühl zu verdummen, weil ich zeitweise kaum einen Absatz lesen und behalten konnte. Dieser letzte Status meiner Konzentrationsfähigkeit hat mir große Angst vor der Zukunft gemacht.

Doch dann fiel mir ein, dass es mir genauso ging, als ich mit dem Studium anfing. Ich musste jahrelang nicht wirklich lernen und habe das Lernen total verlernt! Damals habe ich mich auch wieder daran gewöhnen können, Fachtexte zu lesen, Karteikarten zu lernen und Aufgaben zu bearbeiten. Es ist tatsächlich alles eine Frage der Technik bzw. des Managements und der Übung!

Das Management

Um also stressfrei wieder mit dem Lernen anzufangen, brauche ich zwei Dinge: Einen Lernplan und eine Lerntechnik.

Den Lernplan erstelle ich mir rechtzeitig – d. h. mindestens 6 Wochen – vor der Klausur. Da meine Klausuren monatsweise und nicht alle am Ende des Semesters geschrieben werden, ist das ausreichend Zeit, um mich auf die Klausur vorzubereiten. Werden alle Klausuren am Ende des Semesters geschrieben, macht es Sinn, den Plan zu Semesterbeginn zu erstellen.

Mein Plan muss in den meisten Fächern nicht sehr detailliert sein. Im Gegenteil – zu viele Details stressen mich! Meistens sieht der Plan so aus, dass ich alles zu Lesende zähle und die Summe der Seiten durch die Anzahl Wochen teile, die mir zum Lernen zur Verfügung stehen. Sofern möglich, erlaube ich mir eine Woche Puffer vor der Klausur. Dieser dient zur Wiederholung und zum Nachholen bei Ausfallzeiten. Dann teile ich die Anzahl Seiten pro Woche durch die Anzahl Tage, an denen ich lernen will. Ich habe mich zunächst auf Mo – Fr festgelegt, um Regelmäßigkeit aber auch Pausen zu gewährleisten. Im Zweifel dienen die Wochenenden ebenfalls als Puffer. Die entsprechenden Seitenzahlen, die in der Woche gelesen werden sollten, trage ich mir in meinen Kalender ein. Sollte ich dazu noch Karteikarten lernen müssen, plane ich dafür ebenfalls von Mo – Fr eine regelmäßige Zeit ein. Dasselbe kann man für Übungsaufgaben und Fächer übergreifend machen. Mein Plan sieht für ein Modul beispielsweise so aus:

So ergibt sich ein Plan, der mir in etwa sagt, was ich pro Tag zu tun habe. Er gibt mir Sicherheit, dass alles Notwendige gelernt wird und sichert zudem noch Ausfälle durch Pufferzeiten ab.

Mein zweiter Trick in der Kiste ist die Lerntechnik. Ich spreche in diesem Fall nicht davon, wie ich mir Wissen aneigne, sondern wie ich mein Lernen an sich bzw. das Zeitmanagement gestalte. Das ist besonders beim Lernen lernen und bei Konzentrationsschwierigkeiten sehr wichtig. Dazu hat sich in meinem Fall die Pomodoro-Technik bewährt.

Die Pomodoro-Technik

Kurz gefasst geht es bei dieser Technik darum, längere Phasen (üblicherweise 25 min.) der Arbeit regelmäßig durch kürzere Phasen der Pause (5 min.) zu unterbrechen. Nach vier Einheiten gibt es dann eine längere Pause (15 min.). Signalisiert wird das Ende jeder Phase mit einem Ton. Der Gedanke dahinter ist, dass regelmäßige Pausen beim Arbeiten bzw. Lernen die Effizienz fördern, weil das Gehirn in den Pausen Zeit hat, sich zu erholen und zu regenerieren. Diese Regenerationsphasen sind besonders für Untrainierte und Konzentrationsschwache – aber auch für alle anderen – extrem wichtig und werden häufig unterschätzt.

Ich habe diese Technik auf meine Bedürfnisse angepasst und habe entsprechend die Zeiten etwas verändert. Ich lerne aktuell 15 Minuten und mache dann 5 – 10 Minuten Pause, manchmal auch länger. Nach drei bis vier Einheiten erlaube ich mir dann öfter eine große Pause von 15 – 45 Minuten. Die Zeiten können tagesabhängig schwanken. An schlechten Tagen fahre ich die Lernzeit runter und die Pausenzeit ggf. rauf.

Wichtig ist, sich dabei nicht zu überfordern. Wenn Du merkst, dass Du nach 10 Minuten schon kein Wort mehr aufnimmst, dann kürze deine Lernzeit auf 10 oder weniger Minuten. Wenn Du merkst, dass Du nach 5 Minuten Pause noch total unerholt bist, dann verlängere deine Pausenzeiten etwas.

Zur Unterstützung dieser Technik kann man eine einfache Uhr-App auf dem Handy, den Küchenwecker oder extra dafür gebaute Apps benutzen. Ich arbeite zur Zeit mit “Focus To Do”, allerdings falle ich bei den Klingeltönen manchmal vor Schreck fast um. Aber Achtung – Lass Dich von Deinem Handy nicht ablenken! Am besten schaltest Du alle anderen Apps im Hintergrund aus. Manche Apps machen das für Dich, z.. B. die eben erwähnte.

Alles eine Frage der Übung!

Mit der Zeit wird sich Deine Lernfähigkeit bzw. die Konzentrationsphasen voraussichtlich verlängern. Dann kannst Du die Zeiten der Pomodoro-Uhr flexibel anpassen. Allerdings sollte man die Zeit von 25 Minuten (andere Quellen sagen 60 Minuten) dabei nicht überschreiten. Auch als geübter Lernender sind die Pausen weiterhin wichtig und nicht zu unterschätzen!

Du musst außerdem damit rechnen, dass es auch wieder schlechtere Phasen geben kann. Dann ist es wichtig, die Zeit wieder nach unten anzupassen, damit Du Dich nicht überforderst und frustriert wirst. Es ist wichtig, das zu akzeptieren und sich deswegen nicht selbst zu bestrafen. Weiterhin ist es von größter Relevanz, trotzdem weiterzumachen. Auch wenn Du deutlich weniger schaffst und wesentlich länger dafür brauchst, bist Du doch einen Schritt weiter. Kontinuität ist das Zauberwort! So wird Lernen zur Routine und dadurch werden automatisch die negativen Gedanken und Ängste immer weniger. Lernen ist dann einfach nur ein normaler Bestandteil des Tages und keine große Herausforderung, über die viel nachgedacht werden muss. Auch kleine Fortschritte sind Fortschritte!

Weitere Hilfen beim Lernen

Es gibt noch weitere Dinge, die man beim Lernen beachten kann. Allerdings glaube ich, dass die nicht bei allen gleich gut funktionieren oder gleich wichtig sind. Probier’s einfach aus!

Ein fester Lernplatz, z. B. der Schreibtisch, ist als konstante Umgebungsvariable sehr hilfreich. Das Hirn wird in dieser Umgebung mit der Zeit auf “Lernen” umgestellt. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Umgebung nicht auch für andere Dinge, wie Essen oder TV schauen, genutzt wird.

Wie wir wissen, ist Pausen machen extrem wichtig. Es ist auch wichtig, wie diese Pausen aussehen. Hausarbeit erledigen, Nachrichten lesen oder Tv gucken sind nicht unbedingt die besten Aktivitäten in einer Pause. Ziel ist es, dem Gehirn eine Denkpause zu ermöglichen und nicht, es mit anderen Gedanken und anstrengend Aufgaben zu füllen oder zu versacken. Eine bessere Alternative ist es, sich zu bewegen, aufzustehen und vielleicht sogar an einen designierten Pause-Ort zu gehen. Die Pause ist eine gute Möglichkeit, frische Luft zu schnappen, sich einen Tee zu kochen, auf Toilette zu gehen oder einfach mal einen Moment die Augen zu schließen. Wenn ich richtig erschöpft bin, lege ich mich auch gerne mal zu einem Nickerchen hin. Mir hilft das wahnsinnig gut für die Konzentration aber Vorsicht – bei manchen kann es auch zum gegenteiligen Effekt führen.

Auch kurze Meditationen zur Fokussierung, Dehnübungen oder kurze Sporteinheiten zur Aktivierung, wie z. B. den Hampelmann oder auf der Stelle laufen können richtig gut tun und regenerieren. Es hilft, das Handy wegzulegen oder Apps zu nutzen, die während der Lernphase alle Hintergrund-Apps blockieren (z. B. Focus ToDo). Auch andere Ablenkungen wie der TV bzw. die Fernbedienung, Briefe oder der Wäschehaufen sollten idealerweise aus dem Sichtfeld verschwinden.

Wichtig ist auch, für gutes Licht zu sorgen, Lärm so weit es geht auszuschalten (im Zweifel Ohropax oder Noise-cancelling-Headphones!) und für wenig Bewegung im Sichtfeld zu sorgen. Desweiteren ist ausreichend trinken bekanntermaßen sehr wichtig für ausreichende Hirnaktivität, dabei sind vor allem Wasser und Tees vorzuziehen. Zuckerhaltige Getränke sorgen zwar für ein kurzes Hoch, enden dann aber in einem langen Tief und sind deshalb zum Lernen nicht zu empfehlen. Dasselbe gilt für zuckerhaltiges Essen. Am besten geeignet sind leichte Mahlzeiten mit viel Gemüse und wenig Getreide.

Zuletzt kann noch die Tageszeit einen wichtigen Unterschied machen. Hier ist vermutlich jeder anders und muss für sich herausfinden, ob morgens, nachmittags oder abends die beste Zeit zum Lernen ist. Vielleicht ist auch eine Aufteilung in zwei oder mehr Lernblöcke pro Tag mit größeren Pausen denkbar. Wichtig ist die Regelmäßigkeit.

Fazit

Am Ende ist alles eine Frage der Übung – auch das Lernen! Auch mit Konzentrationsschwierigkeiten oder langer Lernpause lässt sich die Lernfähigkeit wieder aufbauen. Wichtig ist, sich Zeit zu geben und nicht zu überfordern. An erster Stelle steht ein guter Lernplan. Die Pomodoro-Technik kann dabei helfen, eine gesunde Balance zwischen Lernen und Pause zu finden. Pausen sind extrem wichtig für die Regeneration und sollten unbedingt regelmäßig genommen werden! Außerdem gibt es noch einige weitere Stellschrauben, an denen man zum besseren Lernen drehen kann. Hier hilft es, zu probieren und die richtige Dosis für einen selbst zu finden. Wenn Lernen zur Routine wird, gewöhnt sich zum einen das Gehirn daran, zum anderen wird es für uns zur Normalität. Das schützt vor zu viel Gedankenkreisen und Sorgen vor dem Bevorstehenden und hält uns davon ab, aus Angst nicht anzufangen.

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