
02 Jan Wochenplanung mit Fibromyalgie
Menschen mit Fibromyalgie leiden zumeist an verminderter Leistungsfähigkeit sowie chronischer Müdigkeit und natürlich an Schmerzen. Das macht es ungemein wichtig, die vorhandene Energie sinnvoll einzusetzen und Tage möglichst so zu planen, dass wir uns nicht überfordern, trotzdem aber irgendwie unseren Alltag hinkriegen.
Das klingt oft leichter, als es ist. Zum einen kann es sehr frustrierend sein, nicht (mehr) so viel zu schaffen wie andere oder man selbst zu besseren Zeiten. Zum anderen sind die Schmerzen und auch die vorhandene Energie oft nicht besonders gut vorhersehbar. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass sich Betroffene lieber gar nichts mehr vornehmen, aus Angst, absagen zu müssen oder es nicht zu schaffen.
Die einzige Chance, die wir also haben ist, uns selbst und unsere Grenzen besser kennenzulernen um vielleicht etwas besser planen zu können. Wenn ich beispielsweise weiß, dass ich nach dem Spaziergang mit den Hunden immer erschöpft bin, kann ich für danach eine Pause einplanen. Wenn ich am Samstag zu einer Geburtstagsfeier eingeladen bin und weiß, dass mich das viel Kraft kosten und möglicherweise für mehr Schmerzen am Folgetag sorgen wird, plane ich für Sonntag einen Ruhetag ein.
Je mehr man sich beobachtet und je besser man sich selbst kennenlernt, desto einfacher wird es, zufriedenstellend zu planen. Eine wichtige Grundvoraussetzung dafür ist die Akzeptanz der Krankheit und ihrer Folgen. Wir können erstmal nur beobachten und lernen, wie viel wir leisten können und wie viel Ruhe, Bewegung und soziale Kontakte wir wollen und brauchen.
Ähnlich wie in der Meditation geht es erstmal nur darum, zu beobachten und nicht darum, zu bewerten. Gerade zu Beginn oder während eines Schubes mag es sehr frustrierend sein, festzustellen, dass wir „nur noch“ 2 km Nordic Walking machen können, ohne danach 3 Tage Schmerzen zu haben, wo es früher doch 4 km waren.
Trotzdem nützt es nichts, sich darüber lange zu ärgern und sich schlecht zu fühlen. Wir können es nicht einfach ändern, indem wir uns „mal zusammenreißen“. Was wir aber machen können ist, den bestmöglichen Umgang mit unserer Leistungsfähigkeit zu finden und damit zufrieden zu sein.
Die zwei Schlüssel zu einem entspannteren und zufriedeneren Leben
Ich glaube, dass wir trotz FMS unser Leben immer noch selbst in der Hand haben und selbst verantwortlich für unser Glück und unsere Zufriedenheit im Leben sind. Die Pflicht für die Erreichung einer Verbesserung unseres Zustandes, körperlich wie emotional, liegt nicht bei Ärzten und Therapeuten, sondern zu 100% bei uns selbst. Wenn wir das erstmal begreifen, haben wir eine wirkliche Chance, unser Leben trotz chronischer Schmerzen wieder lebenswert zu machen.
Die zwei wichtigsten Faktoren, die wir in der Hand haben, sind unsere Überzeugungen und gute Planung. Überzeugungen oder Glaubenssätze haben wir alle, ob bewusst oder nicht. Viele davon stammen aus unserer Kindheit, übernommen vom sozialen Umfeld wie Eltern, Lehrern, Medien usw. Oft sind sie uns gar nicht so bewusst, haben aber einen sehr großen Einfluss auf unser Verhalten und unsere Emotionen.
Das kann so etwas sein wie: „Ein wertvoller Mensch muss 40 h pro Woche arbeiten. Jeder, der weniger arbeitet, ist ein Faulpelz.“ Solch eine Überzeugung könnte z. B. dazu führen, dass wir uns eine 40-Stunden-Woche abverlangen, obwohl wir körperlich und/ oder emotional gar nicht dazu in der Lage sind. Wir machen unseren Selbstwert dann an der Anzahl Arbeitsstunden pro Woche fest und fühlen uns wie lächerliche Versager, wenn wir das nicht (mehr) leisten können. Über das Thema negativer Selbstwert habe ich hier einen Blogbeitrag verfasst. Ich glaube, dass das ein ganz wichtiges Thema auch für chronisch kranke Menschen ist, da der Selbstwert durch die Folgen der Krankheit häufig in Mitleidenschaft gezogen wird.
Es macht auf jeden Fall Sinn, sich die eigenen Überzeugungen und Wertvorstellungen mal genauer anzuschauen und ggf. zu überdenken. Den größten Druck machen wir uns oft selbst und Grund dafür sind zumeist solche zugrundeliegenden Überzeugungen. Wenn wir also ein entspannteres und zufriedeneres Leben führen wollen – und das gilt nicht nur für chronisch Kranke – müssen wir lernen, unsere Erwartungen an uns und damit den immensen selbstgemachten Druck zu verringern.
Das ist natürlich auch nicht ganz so einfach, wie es möglicherweise klingt. Aber es ist möglich. In diesem Beitrag berichte ich ein wenig darüber, wie das gelingen kann. Psychotherapie – in diesem Fall besonders die Verhaltenstherapie – ist eine tolle Möglichkeit, sich selbst zu helfen, wenn man es nicht ganz allein machen möchte.
Der zweite Faktor – gute Planung – ist schwierig und dafür umso wichtiger mit einer chronischen Erkrankung. Wie in der Einleitung bereits erwähnt, schützt uns gute Planung vor Überlastung und Enttäuschung. Außerdem kann sie motivierend sein, indem man sich auf Geplantes freut und Stolz über erreichte Ziele sein kann.
Ich arbeite gerne visuell und glaube, dass es auch anderen sehr dabei hilft, sich an ihre Pläne und Routinen zu halten und einen besseren Überblick zu behalten. Ob die Planung digital oder analog geschieht ist ziemlich egal und eher von Deinen Vorlieben abhängig.
Meine Tipps für eine einfache und übersichtliche Planung
Eine einfache und günstige Idee ist es, sich einen Wochenplan zu kaufen, auszudrucken oder selbst zu schreiben. Den Plan solltest Du Dir unbedingt an einen Ort gut sichtbar aufhängen, an dem du regelmäßig vorbei musst. Als ich mit so einem Plan angefangen habe, habe ich mir selbst einen in Google Calc erstellt, ausgedruckt und diesen laminiert. Dann habe ich wöchentlich mit einem Kreidemarker Einträge in verschiedenen Farben geschrieben.
Da bei Fibro die regelmäßige Bewegung in Form von Ausdauer, Muskel und Dehnung aber auch Ruhepausen, Entspannungsverfahren und ggf. weitere Therapien so wichtig sind, sollten wir sie in unseren Tagesablauf bzw. Wochenplan mit einplanen.
Deshalb habe ich mir überlegt, verschiedenfarbige Post-it’s zu nehmen und alle Aktivitäten in einer bestimmten Farbe für eine Woche damit abzubilden. Daraus ergibt sich dann ein Pool von Post-it’s, der für eine Woche ausgelegt ist.

Dabei kann man sich zum einen an der Fibromyalgie Leitlinie, zum anderen an seinen eigenen Bedürfnissen orientieren. Das könnte z. B. so aussehen:
- 3 x 30 Min. Nordic Walking in pink
- 2 x 15 Min. Muskeltraining in blau
- 6 x 20 Min. Dehnung in gelb
- 1 x 30 Min. Faszienrolle in orange
- 7 x 20 Min. Meditation in grün
- 7 x 30 Min. Pause in rot
- Usw.
Das kann man so für alle wiederkehrenden Aufgaben/ Termine / Hobbys etc. machen. Wichtig ist dabei, nicht die Pausen zu vergessen! So kann man sich z. B. jeden Sonntag Abend hinsetzen und seine kommende Woche planen, indem man die Post-it’s auf einen Kalender klebt und über die Woche verteilt. Das kann je nach Wetter, Terminen, Energie und Schmerzen variieren.
Da ich keinen Wochenplan zur Hand hatte, habe ich für die Struktur ebenfalls Post-it’s genommen.

Wer mag, kann sich auch bestimmte Tages- oder Wochenregeln setzen, wie z. B. „Auf jede Sport-Einheit muss eine Pause folgen!“ oder „Für jeden Arzt-Termin darf ich eine Einheit weglassen.“
Nach einiger Zeit braucht man den Kalender vielleicht gar nicht mehr, weil die Einheiten längst zur Routine geworden sind. Doch gerade, wenn man sich eine neue Routine aufbauen will oder seine alte Routine etwas hat schleifen lassen, kann so ein Kalender hilfreich sein. Er soll dabei helfen, sich nicht zu viel vorzunehmen und zu erkennen, wo eventuell noch Verbesserungsbedarf besteht.
Er kann außerdem dabei helfen, mit ungeplanten Aufgaben besser umzugehen und sich nicht zu überfordern. Kommt beispielsweise ein unerwarteter Arzt-Termin dazu, kann man getrost eine geplante Aufgabe für den Tag wieder wegnehmen, um das Gesamtvolumen an Energie pro Tag nicht zu übersteigen. Zum Verständnis dieses Gesamtvolumens an Energie pro Tag kann die Löffelchen Theorie helfen.
Mit dem Kalender und Selbstbeobachtung können wir einfacher herausfinden, was wir an einem Tag schaffen können, ohne uns zu überfordern. Das hilft bei der zukünftigen Planung und vermeidet Enttäuschungen. Fang zu Beginn also lieber mit kleineren Einheiten und mehr Pausen an und guck erstmal, wie sich das anfühlt. Das Schlimmste, was Du machen kannst ist, Dich gleich mit einem vollgepackten Kalender zu überfordern.
Ich habe das Ganze auch auf meinem Youtube-Kanal in einem Video erklärt.
Alternative Habit-Tracker und Google Calendar
Wem die Planung mit einem Papier-Kalender zu aufwändig oder stressig ist, kann auch auf Habit-Tracker zurückgreifen. Das sind Apps, die Anzeigen, welche Aufgaben Du wie häufig pro Woche/ Tag/ Monat ausführen willst und wie viele Du schon geschafft hast. Ein Beispiel dafür ist Timecap, es gibt aber noch weitere Apps. Google Calendar bietet auch die Möglichkeit, sich Ziele zu setzen und diese im Kalender anzuzeigen.
Bei den meisten Apps kannst Du Dir auch Erinnerungen einstellen und deine Erfolge der letzten Wochen anzeigen lassen. Mit einem Klick kannst Du eine Aufgabe als erledigt markieren oder sie nach hinten verschieben.
Fazit
Mit einer guten Wochenplanung kannst Du Dir das Einhalten von wichtigen Aufgaben wie Ausdauertraining und Entspannungsübungen deutlich vereinfachen und sicherstellen, dass Du langfristig bei den für FMS wichtigen Therapien bleibst. Außerdem hilft Dir die Planung, einen besseren Überblick zu behalten, Dich nicht zu überfordern und dein Aufgaben-Limit pro Tag und pro Woche zu erkennen. Das hilft für die zukünftige Planung und schützt vor Enttäuschungen.
Für andere Aufgaben, die nicht unbedingt in eine Routine gehören, kannst Du andere Methoden der Selbstorganisation nutzen. Darüber habe ich hier einen Bericht geschrieben.
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Posted at 10:24h, 23 Januar[…] Krankheit habe ich endlich wieder mein Psychologie-Studium aufgenommen! Als ich mir meinen neuen Wochenplan erstellt habe, war ich die Tage vor Beginn meiner neuen Routine positiv aufgeregt und motiviert. Ich […]